Arbeitsrecht aktuell: Arbeitsgericht Dessau-Roßlau zur mehrfacher sachgrundloser Befristung eines Arbeitsvertrags mit 52-jähriger Arbeitnehmerin
Arbeitsrecht aktuell: Arbeitsgericht Dessau-Roßlau zur mehrfacher sachgrundloser Befristung eines Arbeitsvertrags mit 52-jähriger Arbeitnehmerin
- Der Sachverhalt
Die von Rechtsanwalt John vertretene Klägerin war bei der Beklagten vom 01.06.2011 bis 31.05.2013 auf der Grundlage von 4 sachgrundlos befristeten Arbeits- und Änderungsverträgen tätig. Nach Arbeitslosigkeit vom 01.06.2013 bis 31.03.2014 beschäftigte die Beklagte die Klägerin in der Zeit vom 01.04.2014 bis zum 31.03.2019 mit weiteren 6 befristeten Arbeits-und Änderungsverträgen in identischer Funktion. Die Befristung der Arbeitsverträge erfolgte diesmal altersbedingt, weil die Klägerin bei Beginn des Arbeitsvertrages am 01.04.2014 52 Jahre war. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wurde nicht verlängert. Rechtsanwalt John erhob für die Klägerin vor dem Arbeitsgericht Dessau-Roßlau Entfristungsklage mit dem Ziel festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Befristung nicht beendet ist.
- Das Urteil des Arbeitsgericht Dessau-Roßlau, Az. 1 Ca 41/19.
Mit Urteil vom 14.08.2019, Az. 1 Ca 41/19 hat das Gericht die Klage abgewiesen. Das Gericht hält die vorgenommene sachgrundlose Altersbefristung für rechtmäßig, weil die Klägerin bei der erneuten Befristung nach der Arbeitslosigkeit 52 Jahre alt war und eine Altersbefristung auch zulässig ist, wenn sie zuvor beim selben Arbeitgeber sachgrundlos befristet beschäftigt war. Rechtsanwalt John hat gegen das Urteil Berufung beim LAG Sachsen-Anhalt, Az.: 5 Sa 239/19 eingelegt.
3. Fazit und Ausblick
Zu beurteilen ist eine 7-jährige Befristung. Zunächst erfolgte sie sachgrundlos. Nach Arbeitslosigkeit wurde die Klägerin wiederum sachgrundlos, diesmal aber nach § 14 Abs. 3 S. 1 Teilzeitbefristungsgesetz beschäftigt. Nach dieser Vorschrift ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zu einer Dauer von 5 Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor dessen Beginn mindestens 4 Monate arbeitslos gewesen ist.
Rechtsanwalt John hält die hier vorliegende Befristungskombination für rechtswidrig. Die zweite Befristung ist nur wegen des Alters der Klägerin möglich. Der gesetzliche Kündigungsschutz wird dadurch umgangen. Es liegen zudem eine Altersdiskriminierung und ein Verstoß gegen die einschlägige europarechtliche Befristungsrichtlinie vor. Soweit ersichtlich, gibt es zu dieser Konstellation bislang keine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts.
4. Update
Die Rechtsanwaltskanzlei Oliver John konnte vor dem Landesarbeitsgericht Sachsen- Anhalt im Verfahren 5 Sa 329/19 229/19 für die Klägerin, die in erster Instanz unterlegen war, einen Erfolg erringen. In einem Hinweisbeschluss wies das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass neben den von Herrn Rechtsanwalt John angesprochenen Rechtsfragen die Kündigung wegen institutionellen Rechtsmissbrauchs ( BAG 26.10.2016, 7 AZR 135/15) unwirksam sein könnte. In einem Vergleich wurde vereinbart, dass die Klägerin ab dem nächst möglichen Zeitpunkt unter voller Anerkennung ihrer bisherigen Betriebszugehörigkeit unbefristet in anderer Position bei der Beklagten weiter beschäftigt wird. Es lohnt sich also immer, für den Bestand des Arbeitsverhältnisses zu kämpfen. Die Rechtsanwaltskanzlei Oliver John unterstützt sie dabei gerne.