Arbeitsrecht aktuell: Rechtsmissbräuchliche Anweisung Arbeitgeber bei unzumutbarer Pendelzeit

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Das LAG Berlin hat durch Urteil vom 17.11.2017, Az.: 2 Sa, 965/17 entschieden, dass eine Anweisung des Arbeitgebers im Güteverhandlungstermin nach Rücknahme einer Kündigung, am nächsten Tag um 7:00 Uhr früh an einem 170 km entfernten Ort zur Arbeitsaufnahme zu erscheinen, unwirksam ist.

Der Sachverhalt:

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 1.08.2016 als Lagerarbeiter beschäftigt. Sein Wohnsitz ist etwa 6 km vom Firmensitz entfernt. Im Arbeitsvertrag wurde vereinbart, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer entsprechend seinen Leistungen und Fähigkeiten mit einer anderen, gleichwertigen Arbeit betrauen und ihn vorübergehend an einem andern Ort, auch bei einem Konkurrenzunternehmen einsetzen kann. In einem Kündigungsrechtstreit nahm der Arbeitgeber eine Kündigung zurück und forderte den Arbeitnehmer noch im Gerichtssal auf, am nächsten Tag um 7.00 Uhr morgens in einer 170 km von dessen Wohnort entfernten Niederlassung zu arbeiten. Die Fahrtzeit dorthin beträgt mit dem Auto 1h 45 min, mit öffentlichen Verkehrsmitteln 4 h 50 min. Der Kläger kam der Weisung nicht nach und erschien am Firmensitz. Nach 3 Abmahnungen kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos und hilfsweise fristgemäß.

Das Urteil:

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht hielten die Kündigungen und die Abmahnungen trotz der Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag für unwirksam. Nach der neusten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.10.2017, Az.: 10 AZR 330/16 ist der Arbeitnehmer nicht an eine Weisung gebunden, die die Grenzen des billigen Ermessens nicht wahrt. Das LAG erachtete die unmittelbar nach Rücknahme einer Kündigung im Gerichtstermin ausgesprochene Weisung für unwirksam, weil dies für einen Rechtsmissbrauch sprach, keine betriebliche Notwendigkeit vorlag und es ausschließlich um eine Disziplinierung des Arbeitnehmers ging.

 

Fazit:

Die hier bereits besprochene Änderung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird durch dieses Urteil fortgeführt. Bislang war ein Arbeitnehmer bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung verpflichtet, unbillige Anweisungen hinzunehmen.Vor der Änderung hätte er in dem entschiedenen Fall die Arbeit in der 170 km entfernten Niederlassung am nächsten Tag ohne Wenn und Aber aufnehmen müssen.