Arbeitsrecht aktuell: Urlaubsanspruch verfällt nicht automatisch und ist vererbbar

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Der Europäische Gerichtshof hat am 6.11.2018 in den Verfahren C-619/16, C-684/16 entschieden, dass ein Arbeitnehmer seinen Anspruch auf  Vergütung von Jahresurlaub nicht automatisch verliert, wenn er keinen Jahresurlaub beantragt. In den Verfahren C-569/16 und C-570/16 hat der EuGH  am 6.11.2018 geurteilt, dass Urlaubsabgeltungsansprüche grundsätzlich vererbbar sind.

 

Die Sachverhalte:

Ein Rechtsreferendar des Land Berlin während seines Vorbereitungsdienstes in den letzten Monaten keinen bezahlten Jahresurlaub genommen und eine Entschädigung beantragt. Das Land lehnte ab. Der Kläger erhob Klage vor dem Verwaltungsgericht. In dem anderen Fall wurde der Kläger 2 Monate vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses aufgefordert, seinen Resturlaub zu nehmen. Er nahm nur 2 und beantragte für die restlichen Tage Vergütung, was abgelehnt wurde. Der Kläger erhob Klage vor dem Arbeitsgericht. Das OVG Berlin-Brandenburg und das Bundesarbeitsgericht legten die Sachen dem EuGH vor und wollten wissen, ob dem nationalen Recht, welches den Verlust der Vergütung vorsieht, wenn der Arbeitnehmer keinen Urlaub beantragt, Unionsrecht entgegensteht.

In dem zweiten Fall waren die verstorbenen Ehemänner bei einer Stadt und einem privaten Arbeitgeber beschäftigt. Deren Ehefrauen beantragten eine finanzielle Vergütung für nicht genommene Urlaubstage, was ihnen verwehrt wurde. Sie erhoben Klage. Das Bundesarbeitsgericht wollte legte dem EuGH den Fall vor, weil er der Auffassung war, dass der Anspruch nicht auf die Erben übergeht.

 

Die Urteile:

In den ersten beiden Fällen hat der EuGH entschieden, dass ein ungenutzter Urlaub nicht bereits dann verfällt, wenn kein Antrag gestellt wurde. Der Arbeitnehmer ist im Arbeitsverhältnis der traditionell schwächere Teil und kann daher abgeschreckt sein, seine Rechte geltend zu machen. Das Gericht wies darauf  hin, dass der Urlaub dennoch verfallen kann, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass er den Arbeitnehmer entsprechend aufgeklärt und ihm Gelegenheit gegeben hat, den übrigen Urlaub zu nehmen.

Im zweiten Fall legte der EuGH fest, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers nach dem Unionsrecht nicht mit dem Tod untergeht.

 

Fazit:

Der EuGH hat die Rechte des Arbeitnehmers gestärkt und verlangt nicht mehr für eine Urlaubsabgeltung, dass der Arbeitnehmer vorher einen Urlaubsantrag gestellt hat. Arbeitgeber müssen ihre bisherige Praxis umstellen und ein geeignetes Instrumentarium schaffen, mit dem sie nachweisen können, dass sie den Arbeitnehmer entsprechend aufgeklärt und die Möglichkeit gegeben haben, den restlichen Urlaub zu nehmen. Der Urlaubsanspruch ist vererbbar. In diesem Punkt hat der EuGH die bisherige anders lautende Rechtsprechung des BAG außer Kraft gesetzt. Die Rechtsanwaltskanzlei John berät Sie in dieser Problematik gern.