Rechtsanwaltskanzlei Oliver John

Ihr Anwalt für ...

Autoren-Archiv

Mietrecht aktuell: Schadensersatz des Vermieters erfordert keine Fristsetzung zur Schadensbeseitigung bei Beschädigung der Mietwohnung

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Durch Urteil vom 28.02.2018, Az.: VIII 157/17 hat der BGH entschieden, dass ein Vermieter vom Mieter wegen der Beschädigung der Wohnung auch ohne vorherige Fristsetzung zur Schadensbeseitigung Schadensersatz fordern kann.

 

Der Sachverhalt:

Der Beklagte war mehr als 7 Jahre  Mieter einer Wohnung des Klägers. Nach Beendigung des Mietverhältnisses und Rückgabe der Wohnung beantragte der Vermieter die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens und forderte vom Mieter Schadensersatz aufgrund der Beschädigung der Wohnung wegen Schimmelbefalls in mehreren Räumen, unzureichender Pflege der Badezimmerarmaturen, eines Lackschadens am Heizkörper und einen Mietausfallschaden von 5 Monaten.  Eine Frist zu Beseitigung der Mängel hatte er zuvor nicht gesetzt. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht hatten dem Vermieter Schadensersatz in Höhe von 5171 € nebst gesetzlicher Zinsen zugesprochen.

 

Das Urteil:

Der BGH bestätigte die Urteile. Grundsätzlich gilt, dass bei Nicht- oder Schlechterfüllung von Leistungspflichten der Gläubiger (hier: Vermieter) dem Schuldner (hier: Mieter) zunächst eine Gelegenheit zur Erfüllung seiner Leistungspflicht wie etwa bei Schönheitsreparaturen gewähren muss. Die Verpflichtung des Mieters, die Räume nach der Besitzübertragung schonend und pfleglich zu behandeln sei aber eine Obhutspflicht und somit eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht. Daher könne der Vermieter im Falle der Beschädigung der Mietsache anstelle einer Schadensbeseitigung ohne eine vorherige Fristsetzung an den Mieter sofort von diesem Schadensersatz in Geld verlangen.

 

Fazit:

Der BGH hat eine seit langem streitige Rechtsfrage zugunsten der Vermieter geklärt. Künftig können Vermieter von Mietern sofort Schadensersatz verlangen, wenn die Wohnung beschädigt wurde. In Anbetracht dessen wird dem Wohnungsübergabeprotokoll bei Auszug noch größere Bedeutung zukommen.

 

Baurecht/Vertragsrecht aktuell: Schadensersatz nur noch bei Mangelbeseitigung

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Mit Urteil vom 22.02.2018, Az.: VII ZR 46/17 hat der BGH entschieden, dass Schadenersatz gegenüber einem Werkunternehmer oder einem Architekten nur noch verlangt werden kann, wenn der Mangel tatsächlich beseitigt wird. Ein Schadensersatzanspruch aufgrund fiktiver Mangelbeseitigungskosten ist nicht mehr möglich.

 

Der Sachverhalt:

Ein Bauunternehmer und ein Architekt wurden durch Urteil des OLG Düsseldorf  vom 19.01.2017, Az.: 5 U 30/15 gesamtschuldnerisch wegen Ausführungs-und Planungsmängeln zur Zahlung von Schadensersatz auf Basis fiktiver Mangelbeseitigungskosten verurteilt. Der Bauunternehmer hatte Natursteinarbeiten mangelhaft ausgeführt. Der Architekt hatte die Arbeiten überwacht. Die Klägerin ließ die Mangelbeseitigungsarbeiten nicht durchführen und veräußerte das Objekt während des Prozesses. Der BGH hob dieses Urteil auf.

 

Das Urteil:

In Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschied der BGH, dass Schadensersatz nicht mehr auf Basis fiktiver Mangelbeseitigungskosten verlangt werden kann. Nur wenn der Besteller den Mangel auch tatsächlich beseitigen lässt, entsteht ihm auch ein Schaden. Eine Schadensbemessung nach fiktiven Mangelbeseitigungskosten führt häufig zu einer Überkompensation.

 

Fazit :

Das Urteil kann getrost als eine Sensation bezeichnet werden, da sämtliche auf fiktiven Mangelbeseitigungskosten basierende Klagen, soweit sie Werkverträge betreffen, die nach dem 1.01.2002 abgeschlossen wurden, nunmehr unbegründet sind. Diese Klagen müssen zwingend umgestellt werden. Allerdings zeigt der BGH 3 Möglichkeiten auf, wie der Schaden für den Fall, dass der Mangel nicht beseitigt wird, ermittelt werden kann: Der Besteller kann den Schaden im Wege einer Vermögensbilanz die Differenz zwischen dem hypothetischen Wert des Gewerkes ohne Mangel und ihrem Wert mit Mangel ermitteln.Wenn die Sache veräußert wird, ist dann der erzielte (geringere) Kaufpreis ein Indiz. Vor Begleichung der Kosten für die Mangelbeseitigung kann der Besteller die Befreiung von den zur Mangelbeseitigung eingegangenen Verbindlichkeiten verlangen. Will er den Schaden nicht vorfinanzieren, kann er auf Zahlung eines Vorschusses klagen. Hierbei ist aber zu beachten, dass die Sanierung auch zwingend durchgeführt werden muss und eine Pflicht zur Abrechnung der Kosten besteht.

Update: BGH 21.06.2018, VII 173/16: Auftraggeber, der das Werk behält und den Schaden nicht beseitigen lässt hat keinen Schadebersatz in Höhe fiktiver Mangelbeseitigungskosten

Der BGH setzt seinen im Urteil vom 22.02.2018, VII ZR 46/17 aufgestellten Grundsatz im Werkvertragsrecht fort, dass eine Schadensbemessung aufgrund fiktiver Mangelbeseitigungskosten nicht mehr möglich ist.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt begehrte der Auftraggeber nach einer Kündigung des Werkvertrages durch den Besteller die Zahlung restlichen Werklohnes von 257 T €. Der Auftraggeber erklärte gegenüber dieser Forderung erfolgreich die Hilfsaufrechnung mit einem Schadenersatz in Höhe von 104 T € wegen Mängeln am Glasdach.

Der BGH hat die Entscheidung aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das OLG zurückgewiesen und bestätigt, dass ein Auftraggeber, der den Mangel nicht beseitigen lässt, seinen Schaden nicht nach den fiktiven Kosten für die Mangelbeseitigung bemessen kann. Ob dieser Grundsatz auch bei anderen Vertragstypen (so etwa beim Kaufvertrag) oder generell bei der Schadensberechnung  Anwendung finden wird, bleibt abzuwarten.

 

 

 

Arbeitsrecht aktuell: Aufhebungsvertrag – Begünstigung Betriebsratsmitglied

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit einem Betriebsratsmitglied, dessen Arbeitsvertrag außerordentlich gekündigt werden soll, ist aufgrund einer ungewöhlich hohen Abfindung keine nach § 78 S. 2 BetrVG unzulässige Begünstigung des Betriebsratsmitgliedes und daher wirksam.

 

Der Sachverhalt:

Der Kläger war bei der Beklagten seit 1983 zu einem aktuellen Bruttomonatsgehalt von 5000 € beschäftigt. Seit 1990 war er Mitglied des Betriebsrats, seit 2006 freigestellter Betriebsratsvorsitzender. Wegen angeblicher sexueller Belästigung einer Mitarbeiterin beabsichtigte der Arbeitgeber den Kläger fristlos zu kündigen. Da der Betriebsrat seine Zustimmung verweigerte, leitete der Arbeitgeber ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht auf Ersetzung der Zustimmung zur Kündigung ein. Im Juli 2013 schlossen die Parteien einen außergerichtlichen Vergleich. In diesem Vergleich wurden eine bezahlte Freistellung bis zum 31.12.2015, die Zahlung einer Nettoabfindung von 120000 € sowie eine zusätzliche Zahlung von 2500 € brutto für jeden vollen Monat des vorzeitigen Ausscheidens vereinbart. Weiterhin wurde ihm angeblich die Beschaffung eines Wohnmobils im Wert von 50000 € zugesagt. Die Zahlung der Abfindung erfolgte. Etwa 1 Jahr später erhob der Kläger Klage auf Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses über den 31.12.2015 hinaus. Er hielt den Aufhebungsvertrag für nichtig, weil er hierdurch nach § 78 S. 2 BetrVG als Betriebsratsmitglied unzulässig begünstigt worden sei. Der Kläger verlor in allen Instanzen.

 

Das Urteil:

Nach § 78 S.2 BetrVG darf ein Betriebsratsmitglied wegen seiner Betriebsratstätigkeit weder bevorteilt, noch benachteiligt werden. Gemäß Urteil des BAG vom 21.03.2018, Az.: 7 AZR 590/16 ist der Aufhebungsvertrag wirksam, da der Kläger trotz hoher Abfindung nicht unzulässig begünstigt wurde. Die Verhandlungsposition eines Betriebsratsmitgliedes ist zwar günstiger. Dies beruht allerdings auf dem in §§ 15 KSchG, 103 BetrVG geregelten besonderen Kündigungsschutz.

 

Fazit:

Nach § 15 KSchG ist eine ordentliche Kündigung von Betriebsratsmitgliedern nur in Ausnahmefällen möglich. Zulässig ist meist nur eine fristlose Kündigung, für die der Arbeitgeber nach §102 BetrVG die vorherige Zustimmung des Betriebsrates einholen muss. Wird die Zustimmung verweigert, muss vor Gericht die Ersetzung der Zustimmung beantragt werden; erst wenn diese vorliegt, kann die fristlose Kündigung ausgesprochen werden, gegen die das BR-Mitglied Kündigungsschutzklage erheben kann. Zu Vermeidung dieser erheblichen gesetzlich bedingten Risiken wurde die Abfindung gezahlt. Ein besonderer gesetzlicher Kündigungsschutz führt aber nicht zu einer unzulässigen Bervorteilung.

Arbeitsrecht aktuell: Aufhebungsvertrag

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Ein Aufhebungsvertrag ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dass deren Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Termin beendet werden wird. Er bedarf zu seiner Wirksamkeit nach § 623 BGB der Schriftform.

 

Welche Vorteile hat ein Aufhebungsvertrag?

Für den Arbeitgeber hat ein Aufhebungsvertrag den Vorteil, dass damit das Arbeitsverhältnis ohne eine Kündigung und einen langwierigen Kündigungsschutzprozess rechtssicher auch ohne Einhaltung einschlägiger Kündigungsfristen beendet werden kann und der ansonsten bestehende allgemeine oder besondere Kündigungsschutz nicht greift. Der Betriebsrat muss nicht wie bei einer Kündigung beteiligt werden. Für den Arbeitnehmer besteht der Vorteil, dass er zeitnah neues Arbeitsverhältnis aufnehmen kann und nicht erst eine lange Kündigungsfrist abwarten muss.

 

Welche Nachteile hat ein Aufhebungsvertrag?

Ein Aufhebungsvertrag birgt allerdings für den Arbeitnehmer erhebliche Risiken. In der Regel verhängt die Bundesanstalt für Arbeit nach § 159 I Nr. 1 SGB III eine Sperrzeit von 12 Wochen, da der Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis gelöst hat. Dies bedeutet, dass er in dieser Zeit kein Arbeitslosengeld erhält und somit eine gezahlte Abfindung praktisch wertlos ist.

 

Wie kann der Arbeitnehmer eine Sperrfrist vermeiden?

Das Arbeitsamt verhängt keine Sperrfrist, wenn der Arbeitgeber eine ordentliche betriebs- oder personenbedingte Kündigung mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt hat und der Aufhebungsvertrag anstelle einer Kündigung geschlossen wird. Für die Beurteilung sind die Geschäftsanweisungen der (GA) der Bundesagentur zu § 159 III maßgeblich. Wichtig ist auch, dass der Aufhebungsvertrag unter Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist geschlossen wird.

 

Was sollte ein Aufhebungsvertrag enthalten?

  1. Festlegung des Beendigungszeitpunkts
  2. Formulierung, dass das Arbeitverhältnis auf Veranlassung Arbeitgeber endet
  3. Aufstellung der zu erbringenden Gehaltszahlungen(Provision, Weihnachtsgeld etc.)
  4. Vereinbarung über (bezahlte)Freistellung und Urlaubsabgeltung
  5. Vereinbarung über die Zeugniserteilung und Zeugnisnote
  6. Zahlung einer Abfindung (auf deren Zahlung besteht aber kein Anspruch)
  7. Erledigungusklausel mit dem Inhalt, dass alle wechselseitigen Ansprüche erledigt sind

 

Übernimmt die Rechtsschutzversicherung die Anwaltskosten?

Die Rechtsschutzversicherung übernimmt in der Regel die Anwaltsgebühren, wenn der Arbeitsgeber bereits mit der Kündigung gedroht, aber den Abschluss eines Aufhebungsvertrags in Aussicht gestellt hat.

 

Fazit:

Für den Arbeitgeber ist der Abschluss eines Aufhebungsvertrages eine bequeme und nahezu risikolose Möglichkeit, ein langandauerndes Arbeitsverhältnis zu beenden. Für den Arbeitnehmer bestehen hingegen erhebliche Risiken, die sich nach der Unterschrift kaum mehr beseitigen lassen.

 

 

 

Arbeitsrecht aktuell: Rechtsmissbräuchliche Anweisung Arbeitgeber bei unzumutbarer Pendelzeit

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Das LAG Berlin hat durch Urteil vom 17.11.2017, Az.: 2 Sa, 965/17 entschieden, dass eine Anweisung des Arbeitgebers im Güteverhandlungstermin nach Rücknahme einer Kündigung, am nächsten Tag um 7:00 Uhr früh an einem 170 km entfernten Ort zur Arbeitsaufnahme zu erscheinen, unwirksam ist.

Der Sachverhalt:

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 1.08.2016 als Lagerarbeiter beschäftigt. Sein Wohnsitz ist etwa 6 km vom Firmensitz entfernt. Im Arbeitsvertrag wurde vereinbart, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer entsprechend seinen Leistungen und Fähigkeiten mit einer anderen, gleichwertigen Arbeit betrauen und ihn vorübergehend an einem andern Ort, auch bei einem Konkurrenzunternehmen einsetzen kann. In einem Kündigungsrechtstreit nahm der Arbeitgeber eine Kündigung zurück und forderte den Arbeitnehmer noch im Gerichtssal auf, am nächsten Tag um 7.00 Uhr morgens in einer 170 km von dessen Wohnort entfernten Niederlassung zu arbeiten. Die Fahrtzeit dorthin beträgt mit dem Auto 1h 45 min, mit öffentlichen Verkehrsmitteln 4 h 50 min. Der Kläger kam der Weisung nicht nach und erschien am Firmensitz. Nach 3 Abmahnungen kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos und hilfsweise fristgemäß.

Das Urteil:

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht hielten die Kündigungen und die Abmahnungen trotz der Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag für unwirksam. Nach der neusten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.10.2017, Az.: 10 AZR 330/16 ist der Arbeitnehmer nicht an eine Weisung gebunden, die die Grenzen des billigen Ermessens nicht wahrt. Das LAG erachtete die unmittelbar nach Rücknahme einer Kündigung im Gerichtstermin ausgesprochene Weisung für unwirksam, weil dies für einen Rechtsmissbrauch sprach, keine betriebliche Notwendigkeit vorlag und es ausschließlich um eine Disziplinierung des Arbeitnehmers ging.

 

Fazit:

Die hier bereits besprochene Änderung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird durch dieses Urteil fortgeführt. Bislang war ein Arbeitnehmer bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung verpflichtet, unbillige Anweisungen hinzunehmen.Vor der Änderung hätte er in dem entschiedenen Fall die Arbeit in der 170 km entfernten Niederlassung am nächsten Tag ohne Wenn und Aber aufnehmen müssen.

Verkehrsrecht aktuell: Erfolgreicher Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid wegen Geschwindigkeitsüberschreitung mit dem Messgerät ESO ES 3.0

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Das Amtsgericht Dessau-Roßlau hat durch Urteil vom 06.06.2017, Az.: 13 OWi 471/16 einen LKW-Fahrer freigesprochen. Ihm wurde vorgeworfen, die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften vom 30 km/h um 22 km/h überschritten zu haben. Die festgestellte Geschwindigkeit betrug nach einem Toleranzabzug 52 km/h.

 

Der Sachverhalt:

Gegen den Fahrer, der von Rechtsanwalt John vertreten wurde, verhängte die Zentrale Bußgeldstelle Magdeburg wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung einen Bußgeldbescheid mit einer Geldbuße von 130 € und 1 Punkt. Die Geschwindigkeitsmessung wurde mit einem Messgerät ESO ES 3.0 vorgenommen. Dabei handelt es sich um ein mobiles Lichtsensormessgerät. Nach einer Rüge des Verteidigers bezüglich eines korrekten Messvorgangs  beauftragte das Gericht einen Sachverständigen, der mit einem ausführlichen Gutachten die Geschwindigkeitsmessung überprüfte.

 

Das Urteil:

Der von Rechtsanwalt John eingelegte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid war erfolgreich. Das Amtsgericht Dessau-Roßlau hat den LKW-Fahrer freigesprochen, weil die Geschwindigkeitsmessung nicht auswertbar war. Dies beruhte auf dem Umstand, dass eine deutliche Winkelabweichung des Verlaufes der Fotolinie in abfließender Verkehrsrichtung zum Verlauf der Fotolinie vorlag. Zudem waren Lage und Verkehrsrichtung der Fotolinie nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet, wodurch eine nachträglich gesicherte Rekonstruktion des Verlaufs der Fotolinie nicht möglich war.

 

Fazit:

Der mobile Blitzer ESO ES 3.0 misst die Geschwindigkeit nach dem Prinzip der Weg-Zeit-Messung. Er gehört zu den sog. standardisierten Messverfahren. Ein solches liegt vor, wenn Messungen unter Einhaltung der Gebrauchsanweisung des Herstellers erfolgen und das Gerät geeicht ist. Ergeben sich aber konkrete Anhaltspunkte für die Möglichkeit von Messfehlern, muss das Gericht die Messung individuell überprüfen. Und genau das hat das Gericht im vorliegenden Fall nach entsprechendem Beweisantrag des Verteidigers auch getan und den LKW-Fahrer freigesprochen, weil die Messung nicht verwertbar war.

Arbeitsrecht aktuell: Fristlose Kündigung wegen Verharmlosung des Holocaust ohne Abmahnung gerechtfertigt

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Urteil vom 18.10.2017, 16 Ca 23/17 die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers bestätigt, der in der Betriebsöffentlichkeit die Gaskammermorde und das Ausmaß der Judentransporte im zweiten Weltkrieg verharmlost hat.

Der Sachverhalt:

Der Kläger war seit 2015 bei der Beklagten als Liegenschaftsbetreuer tätig. Die Beklagte betreibt ein Unternehmen für Abfallmanagementdienstleistung für die Wohnungswirtschaft mit mehreren Niederlassungen in Deutschland. Im Dezember 2016 wurden in einem Dienstwagen eines Kollegen des Klägers Musik-CDs mit rechtsradikalem Inhalt gefunden. Aus diesem Anlass kam es auf dem Flur des Unternehmens mit Kollegen und Kolleginnen zu einem Gespräch, in dessen Verlauf der Kläger den Holocaust leugnete und verharmloste. Nach für das Gericht glaubhafter Zeugenaussage erklärte der Kläger, die Judentransporte hätten aus Kostengründen nicht in diesem Ausmaß stattfinden können, das mit dem Gas hätte nicht sein können, weil es so explosiv gewesen sei, dass das Lager in Mitleidenschaft gezogen worden wäre; es habe eine zu große Gefahr für die Soldaten bestanden. Der Kläger entschuldigte sich später in einem Schreiben für seine Äußerungen.

 

Das Urteil:

Das Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung als gerechtfertigt angesehen, weil der Kläger in der Öffentlichkeit volksverhetzende und den Betriebsfrieden störende Äußerungen getätigt hat. Eine Abmahnung hielt das Gericht für entbehrlich.

 

Fazit:

Leugnet oder verharmlost ein Arbeitnehmer in einem Gespräch unter Arbeitskollegen im Betrieb, welches keinen vertraulichen Charakter hat, die Gaskammermorde an Juden im zweiten Weltkrieg, so ist eine fristlose Kündigung gerechtfertigt. Einer vorherigen Abmahnung bedarf es nicht, da für den Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist, dass der Arbeitgeber auch eine einmalige Äußerung in der Betriebsöffentlichkeit nicht hinnehmen wird.

 

 

Arbeitsrecht aktuell: Heimliche Aufnahme eines Personalgesprächs rechtfertigt fristlose Kündigung

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Der Sachverhalt:

Der Kläger musste an einem Personalgespräch mit Vorgesetzten und Betriebsrat teilnehmen. Ihm wurde vorgeworfen, Kollegen beleidigt und verbal bedroht zu haben. Einige Monate zuvor hatte der Kläger in einer an Vorgesetzte gerichteten E-Mail Kollegen als „Low Performer“ und „laue Mistkäfer“ bezeichnet. Deswegen hatte er eine Abmahnung erhalten.

Einige Monate später erfuhr die Arbeitgeberin durch eine E-Mail des Klägers, dass er das Gespräch ohne ihr Wissen mit seinem Smartphone aufgenommen hatte. Sie kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos. Der Arbeitnehmer verteidigte sich mit dem Argument, er habe nicht gewusst, dass die Aufnahme verboten sei. Sein Handy habe für alle Gesprächsteilnehmer sichtbar auf dem Schreibtisch gelegen.

 

Das Urteil:

Die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor der nächsten Instanz keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht Hessen erklärte durch Urteil vom 23.08.20017, Az.: 6 Sa 137/17 die außerordentliche Kündigung für wirksam. Der Arbeitgeber war berechtigt, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen. Die heimliche Aufnahme des Personalgespräches verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gesprächsteilnehmer nach Art 2 I GG / Art 1 II GG. Nur der Gesprächspartner kann bestimmen, ob der Inhalt eines Gespräches veröffentlich wird. Der seit 25 Jahren beschäftigte Arbeitnehmer hätte die Gesprächsteilnehmer von der Aufzeichnung informieren müssen. Das Arbeitsverhältnis war durch die Beleidigung der Kollegen bereits erheblich beeinträchtigt.

 

Fazit:

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein hohes verfassungsrechtliches Gut. Dessen Verletzung kann auch bei langjährig Beschäftigten zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen.

 

Vertragsrecht aktuell: PayPal Verkäufer kann trotz Käuferschutz Kaufpreiszahlung verlangen

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Der Bundesgerichtshof ist in 2 Urteilen (BGH, Urteile v. 22.11.2017,Az. VIII ZR 83/16; VIII ZR 213/16) dem absoluten Käuferschutz von PayPal entgegentreten.

 

Der Sachverhalt:

Wenn Ware im Rahmen eines PayPal-Kaufes nicht beim Käufer ankommt oder wesentlich von der Artikelbeschreibung abweicht, kann der Käufer das Käuferschutzprogramm in Anspruch nehmen. Nach einem erfolgreichen Antrag auf Rückerstattung bucht PayPal den Kaufpreis vom Konto des Verkäufers auf das des Käufers zurück. Bislang beurteilten die Instanzgerichte unterschiedlich, ob der Verkäufer gegenüber dem Käufer trotz Rückbuchung noch einen Anspruch auf Kaupreiszahlung hat. Im ersten Fall hatte ein Kunde bei ebay ein Mobiltelefon gekauft, aber die Ware nicht erhalten. Nach einem erfolgreichen Antragsverfahren wurde der auf das Konto des Verkäufers gutgeschriebene Kaufpreis wieder zurückgebucht. Die Klage auf Kaufpreiszahlung war erfolgreich. Im zweiten Verfahren entsprach die gelieferte Ware nicht der Beschreibung und war minderwertig. Die Klage des Verkäufers wurde durch die Vorinstanz abgewiesen, weil der Kaufpreisanspruch bereits durch die Gutschrift  erloschen war.

 

Die Urteile:

Nach Auffassung des BGH haben die Vertragsparteien bei der Verwendung des PayPal-Systems stilschweigend vereinbart, dass der Anspruch auf Kaufpreiszahlung wieder neu begründet werden soll, wenn eine Rückbelastung des Kontos des Verkäufers durch PayPal erfolgt. Der Anspruch auf Kaufpreiszahlung ist somit nicht erloschen. Im Fall des nicht angekommen Mobiltelefons verurteilte der BGH daher den Käufer trotzdem zur Zahlung, weil mit der unstreitig erfolgten Versendung die Gefahr des zufälligen Untergangs auf den Käufer, der allerdings Unternehmer war, überging. Im zweiten Fall muss in einem erneuten Prozess geklärt werden, ob die gelieferte Ware tatsächlich mangelhaft ist.

 

Fazit:

Durch die Entscheidung des BGH ist der vorteilhafte Käuferschutz weggefallen. Der Käufer erhält zwar sein Geld zurück, muss aber befürchten, dass der Verkäufer von ihm wieder die Kaufpreiszahlung fordert.

Arbeitsrecht aktuell: Kündigung wegen fremdenfeindlicher Äußerung in Whats App – Gruppe

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Der Sachverhalt:

Die 4 Kläger sind Mitarbeiter des Ordnungsamt Worms und im Vollzugsdienst tätig. Sie tauschten in einer privaten Whats App – Gruppe auf ihren privaten Smartphones unter Anderem fremdenfeindliche Bilder aus. Die Stadt erfuhr hiervon und sprach jedem eine fristlose Kündigung aus.

 

Das Urteil:

Das Arbeitsgericht Mainz (Urteile vom 15.11.2017, 4 Ca 1240/17,4 Ca 1241/17,4 Ca 1242/17,4 Ca 1243/17) gab den Klagen gegen die fristlose Kündigung statt.  Der Austausch der Bilder erfolgte auf den privaten Smartphones der Arbeitnehmer. Sie konnten und durften darauf vertrauen, dass der Inhalt des Austausches in der Whats App-Gruppe nicht nach außen gelangen wird.

 

Fazit:

Das Arbeitsgericht Mainz begründete seine Auffassung mit einem Rückgriff auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Vertraulichkeit des Wortes(BAG, Urteil vom 10.12.2009,2 AZR 534/08). Danach können grobe Beleidigungen des Arbeitgebers eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Das gilt jedoch dann nicht, wenn die Äußerungen im vertraulichen Gespräch zwischen Arbeitskollegen gefallen sind. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer darauf  vertrauen, dass diese nicht nach außen getragen werden.

Rassistische oder fremdenfeindliche Äußerungen auf Facebook oder in anderen Social Media können hingegen je nach Einzelfall eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung nach sich ziehen.