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Baurecht aktuell: Änderungen für Verbraucher ab 1.1.2018

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Ab dem 1.1.2018 ändert sich das Baurecht für Verbraucher grundlegend.

Warum erfolgen die Änderungen?

Die Entscheidung, einen Hausbau oder erhebliche Umbaumaßnahmen durzuführen, bindet den Verbraucher über eine lange Zeit finanziell. Im Vordergrund des Gesetzespaketes steht daher der Schutz des Verbrauchers, der bislang weitestgehend fehlte.

Ab wann und für welche Verträge gelten die Änderungen?

Die Änderungen gelten für Verträge, die ab dem 1.1.2018 abgeschlossen werden. Gemäß § 650 i BGB ist ein Verbrauchervertrag ein Vertrag, durch den ein Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird. Was erhebliche Umbaumaßnahmen sind, hängt dabei von den Umständen des Einzelfalles ab.

Welche Änderungen gibt es?

Für den Verbraucherbauvertrag ist die Textform vorgeschrieben. Der Gesetzgeber will hiermit Beweisschwierigkeiten verhindern und Rechtsklarheit schaffen. Der Auftraggeber hat ein Widerrufsrecht. Er kann den Verbraucherbauvertrag binnen 2 Wochen widerrufen. Die Frist für den Widerruf beginnt allerdings nur dann zu laufen, wenn der Unternehmer den Verbraucher über sein Widerrufsrecht in Textform nach Art 249 § 3 EGBGB ordnungsgemäß  belehrt hat. Der Unternehmer ist verpflichtet, vor Abschluss des Bauvertrages dem Auftraggeber eine Baubeschreibung in Textform zur Verfügung zu stellen. Der Bauvertrag  muss verbindliche Angaben zur Fertigstellung oder zur Dauer der Bauarbeiten enthalten. Fehlen diese Angaben, werden in der Baubeschreibung enthaltenen Angaben Inhalt des Vertrages.  Die Höhe der Abschlagszahlungen ist auf 90 % der Gesamtvergütung gedeckelt. Der Unternehmer ist verpflichtet, dem Kunden Unterlagen herauszugeben, die dieser zur Vorlage bei Behörden oder Kreditinstituten braucht.

Fazit

Die Neuerungen tragen dem Schutzbedürfnis des Verbrauchers Rechnung. Mit Ausnahme der Regelungen über Abschlagszahlungen kann zu Lasten des Verbrauchers nicht von ihnen abgewichen werden.

 

Arbeitsrecht aktuell: Bundesarbeitsgericht ändert Rechtsprechung zur Arbeitsverweigerung bei unbilliger Anweisung

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Das Bundesarbeitsgericht hat durch Beschluss vom 14.09.2017, Az.: 5 As 7/17 seine bisherige Rechtsprechung zur Frage der Verbindlichkeit unbilliger Arbeitsanweisungen aufgegeben.

 

Der Sachverhalt:

Ein Arbeitnehmer war seit 2001 in einem Betrieb mit ca. 700 Arbeitnehmern in Dortmund beschäftigt. Nach einer längeren Auseinandersetzung versetze ihn der Arbeitgeber nach Berlin. Für die Versetzung gab es keinen Grund. Sie war offensichtlich unbillig. Der Arbeitnehmer weigerte sich, der Anweisung Folge zu leisten. Er wurde zweimal abgemahnt. Er klagte erfolgreich gegen die Versetzung und die Abmahnungen. Das Arbeitsgericht Dortmund (Urteil vom 08.09.2015, Az.: 7 Ca 1124/15) und das Landesarbeitsgericht Hamm (Urteil vom 17.03.2016, Az.: 17 Sa 1660/15) gaben dem Kläger Recht. Der für den Fall zuständige 10.Senat des Bundesarbeitsgerichts wollte die Urteile bestätigen. Der 5. Senat hatte bisher hingegen angenommen, dass  der Arbeitnehmer auch an eine unbillige Arbeitsanweisung (sofern sie nicht bereits aus anderen Gründen unwirksam sei) so lange gebunden sei, bis durch ein rechtskräftiges Urteil die Unverbindlichkeit der Anweisung festgestellt worden sei. Im Mai 2015 erhielt der Arbeitnehmer die fristlose Kündigung. Über die Kündigung ist noch nicht abschließend entschieden worden.

Im Wege eines Anfragebeschlusses fragte der 10. Senat beim 5. Senat an, ob er an seiner Auffassung festhalte.

 

Die Entscheidung

Der 5. Senat hat seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und entschieden, dass Arbeitsanweisungen, die die Interessen des Arbeitnehmers nicht ausreichend berücksichtigen und deswegen unbillig sind, nicht befolgt werden müssen.

 

Fazit

Bislang musste ein Arbeitnehmer grundsätzlich eine unbillige Anweisung seines Arbeitgebers bis zu deren endgültiger gerichtlichen Klärung hinnehmen. Im konkreten Fall wäre der Arbeitnehmer verpflichtet gewesen,von Dortmund nach Berlin zu gehen und dort so lange zu arbeiten, bis die Arbeitsgerichtsbarkeit rechtkräftig darüber entschieden hätte, ob die Versetzung rechtmäßig war.

 

 

 

Europäischer Gerichtshof : Urteil zur Überwachung privater Chats am Arbeitsplatz

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Der EMGR hat am 05.09.2017, Az.: 61496/08 entschieden, dass Unternehmen die Internetaktivitäten ihrer Arbeitnehmer nur überwachen dürfen, wenn dies verhältnismäßig ist. Für die Überwachung hat das Gericht Vorgaben erstellt, die auch deutsche Gerichte zu beachten haben.

 

Der Sachverhalt

Im Jahr 2007 kündigte eine rumänische Firma einem Mitarbeiter wegen privater Nutzung des Yahoo-Messenger Accounts während der Arbeitszeit. Dieser war eingerichtet worden, um Kundenanfragen zu bearbeiten. Dessen private Nutzung hatte das Unternehmen verboten. Der Arbeitnehmer verstieß gegen das Verbot. Der Arbeitgeber überwachte den Messenger, legte 45 Seiten der privaten Chats mit teilweise intimen Inhalt vor und kündigte das Arbeitsverhältnis. Die rumänischen Gerichte sahen die Kündigung als zulässig an. Der Arbeitnehmer legte Beschwerde beim EMGR ein. Dieser schloss sich der Auffassung der rumänischen Gerichte an. Der Arbeitnehmer beantragt die Verweisung an die große Kammer.

 

Das Urteil

Die Große Kammer stellte eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens und der Korrespondenz (Art 8 EMRK) fest. Sie beanstandete, dass die rumänischen Gerichte nicht geprüft hätten, ob der Kläger über die Kontrolle und deren Ausmaß vorher informiert worden sei. Die Richter warfen den Gerichten vor, nicht geklärt zu haben, ob ein Grund für die Kontrolle vorlag und mildere Überwachungsmaßnahmen möglich gewesen seien. Ebenso hätten die Gerichte bei der Verhältnismäßigkeit überprüfen müssen, ob mildere Sanktionen als eine Kündigung ausreichend gewesen wären.

 

Fazit:

Das höchste europäische Gericht hat zwar den Staat Rumänien verurteilt. Aber auch die hiesigen Gerichte müssen die im Verfahren festgelegten Vorgaben beachten, da Deutschland ansonsten ebenso eine Verurteilung droht.

Grundsätzlich ist eine Überwachung der Aktivitäten im Internet am Arbeitsplatz nicht verboten. Sie ist aber von jetzt an nur im Rahmen der vom EGMR vorgegebenen Kriterien möglich. In deutschen Betrieben herrscht häufig in Ermanglung entsprechender Regelungen eine Grauzone über die Frage, ob und in welchem Ausmaß die Nutzung des Internets für private Zwecke erlaubt ist. Die Betriebe sind daher gut beraten, transparente Regelungen zu erstellen. Hat das Unternehmen einen Betriebsrat, so steht diesem hierbei ein Mitbestimmungsrecht zu.

Das Bundesarbeitsgericht war jüngst mit diesem Thema befasst. Es hat den Einsatz von Keyloggern, die ohne Wissen der Beschäftigten die Tastatureingaben aufzeichnen und regelmäßig Screenshots (Bildschirmaufnahmen) aufnehmen verboten.

 

 

Arbeitsrecht aktuell: unzulässige Arbeitnehmerüberwachung durch „Keylogger“

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Der Sachverhalt:

Der Kläger war bei der Beklagten als Web-Entwickler beschäftigt. Im April 2015 unterrichtete die Beklagte ihre Arbeitnehmer darüber, dass der gesamte „Internet-Traffic“ und die Benutzung der Systeme „mitgeloggt“ werde. Zu diesem Zweck installierte die Klägerin auf dem dienstlichen PC des Klägers einen Keylogger, mit dem alle Tastatureingaben aufgezeichnet und regelmäßige Screenshots (Bildschirmfotos) gefertigt wurden. Die Arbeitgeberin wertete die Daten des Klägers aus. Bei einem Gespräch gab der Kläger zu, seinen Dienst PC während der Arbeit genutzt zu haben. Aber vornehmlich in den Pausen habe er ein Computerspiel programmiert und geschäftliche E-Mails für die Firma seines Vaters geschrieben. Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos und hilfsweise ordentlich.

Die Vorinstanzen erklärten die Kündigungen für unwirksam.

 

Das Urteil:

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Arbeitnehmer Recht und bestätigte die Unwirksamkeit der Kündigungen.

Die Beweismittel, die die privaten Aktivitäten des Arbeitnehmers während der Arbeitszeiten dokumentierten, durfte der Arbeitgeber in dem Prozess nicht verwenden. Deren Benutzung verstoßen gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers (Artikel 2 I iVm. Art 1 Abs. 1 GG). Der Einsatz der Software Keyloggers, mit dem alle Tastatureingaben des Klägers für eine verdeckte Überwachung und Kontrolle des Arbeitnehmers aufgezeichnet werden, ist nach § 32 Bundesdatenschutzgesetz unzulässig, da kein auf den Arbeitnehmer bezogener, durch konkrete Tatsachen begründeter Verdacht einer Straftat oder einer schwerwiegenden Pflichtverletzung bestand.Die eingeräumte Privatnutzung des Dienst-PC rechtfertigte die Kündigungen nicht, weil es an einer vorherigen Abmahnung fehlte.

 

Fazit:

Das Bundesarbeitsgericht hat der heimlichen digitalen Überwachung von Arbeitnehmern klare Grenzen gesetzt. Eine heimliche Überwachung ist nur zulässig, wenn ein hinreichend konkreter Verdacht einer Straftat oder einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des betroffenen Arbeitnehmers vorliegt. Damit setzt das Gericht seine Grundsätze fort, die es bereits für heimliche Videoüberwachung von Arbeitnehmern, das Mithören von Telefongesprächen und dergleichen aufgestellt hat.

Amtsgericht Dessau: Fernwärme GmbH verliert Rechtsstreit

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Der Sachverhalt:

Die Fernwärme Dessau hatte allen Kunden der Waldsiedlung die Verträge über Wärmelieferung gekündigt und zum 01.07.2014 einen neuen Vertrag mit einem dreigliedrigen Preissystem und einer geänderten Preisänderungsklausel angeboten.

Die Kläger zahlten die erhöhten Entgelte unter Vorbehalt der Rückzahlung und forderten  diese für einen Zeitraum vom 01.07.2014 bis 21.01.2016, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt John aus Dessau, zurück.

Die Fernwärme Dessau erhob Widerklage und begehrte die Feststellung, dass die Kläger verpflichtet seien, die Vergütung nach den Bedingungen des Vertrages vom 01.07.2014 zu leisten.

Das Urteil:

Das Amtsgericht gab den Klägern Recht und verurteilte die Fernwärme Dessau zur Rückzahlung. Gleichzeitig wies es die Widerklage ab.

Die Beklagte konnte nicht beweisen, dass die Preisänderungsklausel den gesetzlichen Erfordernissen des § 24 IV AVB Fernwärme entspricht. Hierzu gehört der Nachweis, dass Bemessungsgröße für den Preis ein Indikator ist, der sich an den Kosten des überwiegend eingesetzten Brennstoffes orientiert. Da die Fernwärme GmbH die Energie nicht selbst produziert, ist sie verpflichtet, den Bezugsvertrag vorzulegen. Für die Kläger hat sie lediglich ein teilweise geschwärztes Vertragsexemplar vorgelegt. Dies ist nicht ausreichend, weil die Beklagte sich nicht auf Geheimhaltungsinteressen berufen kann.

Das Gutachten  der Beklagten zur Preisänderungsklausel ist nicht verwertbar; die angebotenen Zeugenaussagen hielt das Gericht nicht für ergiebig.

Das Urteil Amtsgericht Dessau-Roßlau vom 20.06.2017 Az.: 4 C 658/16 ist noch nicht rechtskräftig.

 

Fazit:

Die Fernwärme GmbH Dessau ist nach dieser Entscheidung nicht berechtigt, auf Basis ihrer aktuellen Preisänderungsklausel abzurechnen. Das Urteil gilt aber nur zugunsten der Kläger, hingegen nicht für die übrigen betroffenen Kunden der Waldsiedlung. Sie müssen ihre Ansprüche gesondert geltend machen. Hierbei ist Eile geboten, weil solche aus dem Jahr 2014 am 31.12.2017 verjähren.

 

Aktuell:

Die Fernwärme GmbH Dessau hat mittlerweile gegen das Urteil des Amtsgericht Dessau-Roßlau Berufung eingelegt