Corona aktuell: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt bestätigt Teil-Lockdown
Durch Beschluss vom 4.11.2020 – 20/2020 hat der dritte Senat des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt den Antrag einer Hotelkette auf Außervollzugsetzung mehrerer Regelungen der Achten Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zurückgewiesen. Die im Streit stehenden Regelungen betreffen die Untersagung von Veranstaltungen, Versammlungen, das Beherbergungsverbot von Personen zu touristischen Zwecken, die Schließung von Gaststätten für den Publikumsverkehr und die Untersagung des Sportbetriebs auf allen öffentlichen und privaten Sportanlagen sowie Schwimmbädern bis zum 30. November 2020.
Der Senat hat es als offen angesehen, ob die Verordnungsregelungen dem Parlamentsvorbehalt entsprechen. Bei derart offenen Erfolgsaussichten hat nach Auffassung des Senats eine Folgenabwägung stattzufinden, die zum Ergebnis kommt, dass eine Außervollzugsetzung der angegriffenen Normen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht dringend erforderlich ist.
Der durch diese Maßnahme bedingte Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG und in die Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG genügt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Ziel der Maßnahme sei, den exponentiellen Anstieg des Infektionsgeschehens durch Kontaktreduzierung zu stoppen, um eine Überforderung des Gesundheitssystems zu verhindern. Die Schutzrichtung des Verordnungsgebers umfasst dabei die gesamte Bevölkerung in Deutschland. Dem Verordnungsgeber steht ein weiter Ermessensspielraum zu. Demzufolge ist es nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber nicht nur Risikogruppen schützt.
Das Argument des Antragstellers, nach den Erkenntnissen des Robert-Koch-Instituts zähle das Beherbergungsgewerbe nicht zum Treiber der Pandemie, hat der Senat nicht gelten lassen, weil nach der Statistik des Robert-Koch-Instituts mehr als 75 % der Ansteckungsfälle unklar sein. Es ist daher nicht auszuschließen, dass es auch in Beherbergungsbetrieben zu Virusübertragungen kommt. Das Beherbergungsverbot dient dem Zweck, durch Reduzierung der Kontakte in der Bevölkerung insgesamt das Infektionsgeschehen aufzuhalten und die Zahl der Neuinfektionen wieder in die nach verfolgbare Größenordnung von unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche zu senken. Die Unterbindung touristischer Beherbergungen wirkt nach Ansicht des Gerichts massiv auf die Bewegungsströme der Gäste ein und sorgt dafür, dass die Zahl der touristischen Aufenthalte und die damit im Zusammenhang stehenden Sozialkontakte reduziert werden. Dies dient der Nachverfolgbarkeit von Infektionsketten. Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit und das Eigentumsrecht der Betreiber von Beherbergungsbetrieben wird schließlich dadurch gemildert, dass neue Corona-Hilfen für betroffene Unternehmen geschaffen worden sind, die über die bestehenden bisherigen Unterstützungsprogramme deutlich hinausgehen.
Fazit:
Diese Entscheidung war zu erwarten. Insbesondere sind derzeit die Infektionsquellen zu 75 % nicht mehr ermittelbar. Zudem wird die einschneidende Maßnahme durch erhebliche Unterstützungsprogramme für die betroffenen Betriebe abgemildert. Sollte der Teil-Lockdown allerdings über den 30. November hinaus verlängert werden, so wird die die Rechtslage sicherlich neu zu bewerten sein.
Sollten auch Sie von Betriebsschließungen betroffen sein, so berät die Rechtsanwaltskanzlei Oliver John Sie gerne.