Vertragsrecht aktuell : BGH-Urteil zur Haftung für offene WLAN-Hotspots

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Der BGH hat mit Urteil vom 26.07.2018, Az.: I ZR 64/17 entschieden, dass der Betreiber eines frei zugänglichen nicht passwortgeschützten W-LANs und eines Zugangspunkts zum anonymen Tor-Netz nicht auf Unterlassung haftet, wenn jemand diesen Anschluss für illegale Uploads benutzt.

Der Sachverhalt:

Der Beklagte betreibt 5 öffentlich zugängliche W-LAN Hotspots und 2 eingehende Kanäle aus dem Tor-Netzwerk. Die Klägerin ist eine Computerspielproduzentin. Im Jahr 2011 wurde ein Programm von ihr über den Internetanschluss des Beklagten in einer Tauschbörse zum Herunterladen angeboten.Die Klägerin mahnte den Beklagten ab und forderte ihn zur Unterlassung auf. Da dieser sich weigerte, beanspruchte sie Unterlassung und die Zahlung der Abmahnkosten. Das Oberlandesgericht hat dem Beklagten  unter Androhung von Ordnungsmitteln aufgegeben, Dritte daran zu hindern, das Computerspiel über seinen Internetanschluss in einer Tauschbörse zur Verfügung zu stellen. Er musste weiterhin die Abmahnkosten tragen.

Das Urteil:

Der BGH hat die Abmahnkosten bestätigt, die Verurteilung zur Unterlassung aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Das Oberlandesgericht soll darüber entscheiden, ob der Klägerin ein Anspruch auf Sperrung von Informationen zusteht.

Zum Hintergrund:

Am 13.10.2017 wurde das Telemediengesetz (§ 8 I 2 TMG) dahingehend geändert, dass der Vermittler eines Internetzugangs nicht wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf Schadensersatz, Beseitigung oder Unterlassung einer Rechtsverletzung haftet. Der BGH hat diese Regelung als wirksam und europarechtskonform beurteilt, weil die geschädigten Rechteinhaber immer noch die Möglichkeit haben, nach § 7 IV TMG den Betreiber zur Sperrung bestimmter Inhalte zu verpflichten. Der BGH hat den Umfang der Maßnahmen ausdrücklich offen gelassen und ausgeführt, dass der Anspruch nicht auf bestimmte Sperrmaßnahmen beschränkt ist und die Pflicht zur Registrierung von Nutzern, zur Verschlüsselung des Zugangs mit einem Passwort und im äußersten Fall zur vollständigen Sperrung des Zugangs umfassen kann.

Fazit:

Der BGH hat mit diesem Urteil zwar die sog. Störerhaftung (Haftung für missbräuchliche Nutzung durch Dritte) eines Betreibers eines Hotspots abgeschafft. Eine Rechtsklarheit gibt es aber nicht, weil das Oberlandesgericht jetzt prüfen muss, ob ein geschädigter Rechteinhaber vom Betreiber eine Sperrung von Nutzung der Informationen verlangen kann. Führt dies zu einer vollständigen Sperrung, ist die alte Gesetzeslage faktisch wiederhergestellt. Auch ist nicht klar, ob der Betreiber eines Hotspots nach der neuen Gesetzeslege für die nicht unerheblichen Abmahnkosten aufzukommen hat.

 

Vertragsrecht aktuell: Facebook muss Erben Zugriff auf das Konto der toten Tochter gewähren

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Der Bundesgerichtshof  hat durch Urteil vom 12.07.2018, Az.: II ZR 183/17 entschieden, dass Facebook den Erben Zugang zum Facebook-Konto ihrer verstorbenen Tochter gewähren muss.

Der Sachverhalt:

Die Klägerin ist die Mutter eines im Alter von 15 Jahren verstorbenen Mädchens und neben dem Vater Mitglied der Erbengemeinschaft des Nachlasses ihrer Tochter. Sie verstarb unter bisher ungeklärten Umständen bei einem U-Bahnunfall. Die Verstorbene hatte sich 2011 im Alter von 14 Jahren mit Zustimmung ihrer Eltern bei Facebook registrieren lassen und unterhielt dort ein Benutzerkonto. Die Klägerin versuchte, sich in das Benutzerkonto ihrer Tochter einzuloggen. Dies war nicht möglich, weil Facebook das Konto in den Gedenkzustand versetzt hatte. Damit war ein Zugang mit den Nutzerdaten nicht mehr möglich. Die Klägerin verlangte von Facebook den Zugang. Sie wollte über den Facebook-Account abklären, ob die Tochter Selbstmord begangen hatte. Dies war unter anderem deswegen von Bedeutung, weil der am Unglück beteiligte U-Bahnfahrer gegen die Erben wegen des Unglücks Schadensersatzansprüche geltend machte.

 

Das Urteil:

Der BGH hat entschieden, dass Facebook verpflichtet ist, den Erben Zugang zum Benutzerkonto zu gewähren. Er hat ein anderslautendes OLG-Urteil aufgehoben. Der Nutzungsvertrag, den die Tochter mit Facebook abgeschlossen hat, ist im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Eltern als Erben übergegangen. Dessen Vererblichkeit ist vertraglich nicht ausgeschlossen. Die Klauseln von Facebook zum Gedenkzustand sind nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden und im Übrigen unwirksam. Ein Vertrag mit höchstpersönlicher Natur liegt nicht vor. Der höchstpersönliche Charakter folgt nicht aus dem Schutz des Persönlichkeitsrechts der Kommunikationspartner des verstorbenen Mädchens. Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass nur der Kontoinhaber und keine Dritten vom Kontoinhalt Kenntnis erlangen besteht nicht, weil zu Lebzeiten mit einem Missbrauch oder Zugang durch Dritte gerechnet werden muss. Eine Differenzierung des Kontozugangs nach vermögenswerten und höchstpersönlichen Inhalten scheidet aus, weil auch analoge Dokumente wie Briefe und Tagebücher nach dem Willen des Gesetzgebers vererbt werden können. Ein postmortales Persönlichkeitsrecht besteht nicht. Das Fernmeldegeheimnis steht dem Anspruch nicht entgegen. Der Anspruch kollidiert auch nicht mit der Datenschutzgrundverordnung von Mai 2018, da diese nur Lebende schützt und die Bereitstellung und Überarbeitung von Nachrichten und sonstigen Inhalten personenbezogener Daten von Kommunikationspartnern zulässig ist.

 

Fazit:

Der BGH hat eine Grundsatzentscheidung gefällt, die zu begrüßen ist. Er stellt klar, dass der digitale Nachlass bei einem Erbfall genauso wie der analoge zu behandeln ist. Eine Differenzierung zwischen Briefen, Tagebüchern und einem Facebook-Account ist nicht geboten.

 

Vertragsrecht aktuell: Wende im VW-Abgasskandal – OLG Köln, 27 U 13/17, 28.05.2018 verurteilt Händler

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Das OLG Köln hat durch Beschluss vom 28.05.2018, Az. 27 U 13/17 entschieden, dass ein Händler einen VW mit Manipulationssoftware zurücknehmen und dem Käufer den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung zurückerstatten muss.

Der Sachverhalt:

Der Kläger hatte bei dem Händler im April 2015 einen gerbrauchten VW Eos 2,0 TDI erworben. Das Fahrzeug mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 war mit einer Manipulationssoftware ausgestattet, die erkennt, ob sich das Fahrzeug auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte (Modus 1) oder im üblichen Straßenverkehr (Modus 2) befindet. Die Software bewirkt eine Verringerung des Stickstoff-Ausstoßes, wenn  das Fahrzeug auf dem Prüfstand ist.

Nachdem der Kläger dies erfuhr, setzte er dem Händler eine Frist von 3,5 Wochen  zur Nachlieferung eines mangelfreien Fahrzeuges und begehrte hilfsweise die Nachbesserung, also die Mangelbeseitigung. Der Händler lehnte dies ab. Am 03.06.2016 gab das Kraftfahrt-Bundesamt ein Softwareupdate für das Modell frei. Der Kläger erklärte schließlich den Rücktritt vom Kaufvertrag.

 

Der Beschluss:

Das OLG Köln hat durch Beschluss die Berufung gegen ein Urteil des LG Köln, mit dem der Händler ebenso verurteilt wurde, zurückgewiesen. Der Senat vertritt die Auffassung, dass ein vom VW-Abgasskandal betroffener PKW mangelhaft ist, weil darin eine Software zum Einsatz kommt, die erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert und die in einer solchen Testsituation einen eigens dafür vorhergesehenen Betriebsmodus mit vergleichsweise niedriger Stickstoffemission aktiviert. Der Senat  hat offen gelassen, ob vor dem Rücktritt ein Nacherfüllungsverlangen erforderlich ist, hält aber eine Frist zur Nachbesserung von 7 Wochen für ausreichend.

 

Fazit:

Mit dieser Entscheidung wurde erstmalig durch ein Oberlandesgericht ein Händler zur Rücknahme eines mit einer Schummelsoftware ausgestatteten VW ´s verurteilt. Damit sind die Probleme von Betroffenen allerdings noch lange nicht erledigt. Die Ansprüche, die sowohl gegen den Händler als auch gegenüber VW geltend gemacht werden können, drohen am 31.12.2018 zu verjähren. Problematisch ist auch die Situation derjenigen, die ein Aufspielen der Software verweigern. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat Halter von betroffenen Fahrzeugen mit Fristsetzung zum 02.07.2018 aufgefordert, das Softwareupdate durchzuführen und darauf hingewiesen, dass bei Nichtbefolgung durch die örtlichen Behörden eine Stilllegung des Fahrzeugs veranlasst werden kann. Wie die hiesigen Behörden in diesem Fall regieren werden, ist noch nicht absehbar. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat am 26.02.2018,12 K 16702/17 einem Eilantrag gegen eine sofortige Betriebsuntersagung stattgegeben. Anlass zur Hoffnung hat ein Beschluss des OLG Köln vom 27.03.2018, Az.: 18 U 134/17 gegeben. Danach ist ein Rücktritt vom Kaufvertrag auch möglich, wenn das Softwareupdate bereits durchgeführt wurde. Den Erfolg des Updates sieht das Gericht nicht als erwiesen an, weil VW Details zu dessen Wirkungsweise den Kunden nicht bekanntgegeben habe. Es besteht also für die Betroffenen akuter Handlungsbedarf. Die Rechtsanwaltskanzlei Oliver John berät und unterstützt Sie dabei gern.

 

DSGVO-Hinweis: unverschlüsselte Mails werden nicht mehr empfangen!

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DSGVO-Hinweis: Unverschlüsselte Mails werden nicht mehr empfangen!

Mit Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung am 25.05.2018 sind unverschlüsselte Zugänge zu E-Mailservern nicht mehr zulässig. Auf meinem E- Mailserver sind daher unverschlüsselte Zugänge gesperrt. Dies bedeutet, dass ich Ihre E-Mail nicht mehr empfangen kann, wenn bei Ihrem E-Mailclient die SSL-Verschlüsselung nicht aktiviert ist. Ich bitte Sie daher darum, Ihre Zugänge zu Ihren E-Mailclients wie Outlook, Thunderbird, Windows usw. verschlüsselt einzurichten. Dies ist problemlos möglich.

 

Arbeitsrecht aktuell: Arbeitnehmer außerhalb der Rufbereitschaft muss seine Handynummer nicht herausgeben

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Das Landesarbeitsgericht Thüringen hat mit Urteilen vom 16.05.2018, Az.: 6 Sa 442/17 und 5 Sa 444/17 entschieden, dass ein Arbeitnehmer zur Absicherung eines Notfalldienstes außerhalb einer Rufbereitschaft nicht verpflichtet ist, seine private Mobilfunknummer herauszugeben.

 

Der Sachverhalt:

Ein kommunaler Arbeitgeber hatte das System seiner Rufbereitschaft zur Einrichtung seines Notdienstes geändert. Er verlangte von allen Mitarbeitern die Bekanntgabe der privaten Handynummern, damit sie auch außerhalb des Bereitschaftsdienstes im Notfall erreichbar waren. 2 Mitarbeiter verweigerten dies. Sie teilten dem Arbeitgeber nur ihre Festnetznummern, nicht aber ihre Handynummern mit. Der Arbeitgeber mahnte sie deswegen ab. Ebenso wie das Arbeitsgericht verpflichtete das Landesarbeitsgericht den Arbeitgeber, die Abmahnungen aus den Personalakten der Kläger zu entfernen.

 

Das Urteil:

Das Landesarbeitsgericht ist der Auffassung, dass die Pflicht zur Herausgabe der privaten Handynummer ein erheblicher Eingriff in das Recht auf  informationelle Selbstbestimmung ist, der durch ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers gerechtfertigt sein muss. Die Pflicht zur Herausgabe der Handynummer greift empfindlich in die persönliche Sphäre des Arbeitnehmers ein. Er kann sich aufgrund der ständigen Erreichbarkeit dem Arbeitgeber ohne Rechtfertigungsdruck nicht mehr entziehen und nicht mehr zur Ruhe kommen. Auf die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich angerufen und im Notfall herangezogen zu werden, kommt es nicht an. Der Arbeitgeber selbst hat durch die Änderung seines Systems der Rufbereitschaft die Problemlage herbeigeführt. Ihm stehen andere Möglichkeiten zur Absicherung gegen Notfälle zur Verfügung. Das Gericht hat die Revision nicht zugelassen.

 

Fazit:

Das Urteil ist zu begrüßen. Der Arbeitnehmer, der sich nicht in Bereitschaft befindet, hat ein Recht auf Ruhe.

 

Verkehrsrecht aktuell: BGH lässt Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel zu

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Durch Urteil vom 15.05.2018, VI ZR 233/17 hat der BGH die Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel in einem Unfallhaftpflichtprozess für zulässig erklärt.

 

Der Sachverhalt:

Der Kläger verlangt von dem Beklagten und dessen Haftpflichtversicherung restlichen Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall. Die Fahrzeuge der Parteien waren innerorts beim Linksabbiegen auf 2 Fahrspuren, die nebeneinander verliefen seitlich kollidiert. Es besteht Streit darüber, welcher der beiden Verkehrsteilnehmer die Kollision verursacht hat. Der Kläger hat die gesamte Fahrt mit einer Dashcam aufgezeichnet, die in seinem Fahrzeug angebracht war.

Das Amtsgericht hat dem Kläger lediglich die Hälfte seines Schadens zugesprochen. Er habe für seine Behauptung, der Beklagte sei beim Abbiegen mit seinem Fahrzeug auf seine Spur geraten, keinen Beweis erbracht. Der Sachverständige sei in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, aus technischer Sicht seien beide Unfallschilderungen möglich. Die Dashcamaufnahmen des Klägers seien nicht zu verwerten. Das Landgericht hat das Urteil bestätigt.

 

Das Urteil:

Der BGH hat das Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurückgewiesen. Die Videoaufzeichnung des Klägers verstößt gegen § 4 BDSG. Sie ist ohne Einwilligung des Betroffenen erfolgt. Eine permanente, anlasslose Aufzeichnung der gesamten Fahrstrecke ist zur Wahrnehmung der Beweissicherungsinteressen nicht erforderlich. Es ist technisch möglich, eine kurze, anlasslose Aufzeichnung des Unfallgeschehens zu gestalten. Die Aufzeichnung ist dennoch verwertbar; sie unterliegt nicht zwingend einem Beweisverwertungsverbot. Hierüber ist im Wege einer einzelfallbezogenen Interessenabwägung zu entscheiden, die zugunsten des Klägers ausfällt. Die Interessen des Beklagten müssen zurücktreten. Der Unfall ereignete sich im öffentlichen Straßenraum und es wurden nur Vorgänge auf der öffentlichen Straße aufgezeichnet, die für jedermann sichtbar sind. Für die Verwertbarkeit spricht auch die in Verkehrsunfällen häufig anzutreffende Beweisnot.

 

Fazit:

Der BGH hat einen langen Streit beendet und Aufnahmen einer Dashcam zugelassen. Es verbleibt aber dabei, dass im Übrigen anlasslose Aufzeichnungen unzulässig sind.

 

Mietrecht aktuell: Schadensersatz des Vermieters erfordert keine Fristsetzung zur Schadensbeseitigung bei Beschädigung der Mietwohnung

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Durch Urteil vom 28.02.2018, Az.: VIII 157/17 hat der BGH entschieden, dass ein Vermieter vom Mieter wegen der Beschädigung der Wohnung auch ohne vorherige Fristsetzung zur Schadensbeseitigung Schadensersatz fordern kann.

 

Der Sachverhalt:

Der Beklagte war mehr als 7 Jahre  Mieter einer Wohnung des Klägers. Nach Beendigung des Mietverhältnisses und Rückgabe der Wohnung beantragte der Vermieter die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens und forderte vom Mieter Schadensersatz aufgrund der Beschädigung der Wohnung wegen Schimmelbefalls in mehreren Räumen, unzureichender Pflege der Badezimmerarmaturen, eines Lackschadens am Heizkörper und einen Mietausfallschaden von 5 Monaten.  Eine Frist zu Beseitigung der Mängel hatte er zuvor nicht gesetzt. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht hatten dem Vermieter Schadensersatz in Höhe von 5171 € nebst gesetzlicher Zinsen zugesprochen.

 

Das Urteil:

Der BGH bestätigte die Urteile. Grundsätzlich gilt, dass bei Nicht- oder Schlechterfüllung von Leistungspflichten der Gläubiger (hier: Vermieter) dem Schuldner (hier: Mieter) zunächst eine Gelegenheit zur Erfüllung seiner Leistungspflicht wie etwa bei Schönheitsreparaturen gewähren muss. Die Verpflichtung des Mieters, die Räume nach der Besitzübertragung schonend und pfleglich zu behandeln sei aber eine Obhutspflicht und somit eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht. Daher könne der Vermieter im Falle der Beschädigung der Mietsache anstelle einer Schadensbeseitigung ohne eine vorherige Fristsetzung an den Mieter sofort von diesem Schadensersatz in Geld verlangen.

 

Fazit:

Der BGH hat eine seit langem streitige Rechtsfrage zugunsten der Vermieter geklärt. Künftig können Vermieter von Mietern sofort Schadensersatz verlangen, wenn die Wohnung beschädigt wurde. In Anbetracht dessen wird dem Wohnungsübergabeprotokoll bei Auszug noch größere Bedeutung zukommen.

 

Baurecht/Vertragsrecht aktuell: Schadensersatz nur noch bei Mangelbeseitigung

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Mit Urteil vom 22.02.2018, Az.: VII ZR 46/17 hat der BGH entschieden, dass Schadenersatz gegenüber einem Werkunternehmer oder einem Architekten nur noch verlangt werden kann, wenn der Mangel tatsächlich beseitigt wird. Ein Schadensersatzanspruch aufgrund fiktiver Mangelbeseitigungskosten ist nicht mehr möglich.

 

Der Sachverhalt:

Ein Bauunternehmer und ein Architekt wurden durch Urteil des OLG Düsseldorf  vom 19.01.2017, Az.: 5 U 30/15 gesamtschuldnerisch wegen Ausführungs-und Planungsmängeln zur Zahlung von Schadensersatz auf Basis fiktiver Mangelbeseitigungskosten verurteilt. Der Bauunternehmer hatte Natursteinarbeiten mangelhaft ausgeführt. Der Architekt hatte die Arbeiten überwacht. Die Klägerin ließ die Mangelbeseitigungsarbeiten nicht durchführen und veräußerte das Objekt während des Prozesses. Der BGH hob dieses Urteil auf.

 

Das Urteil:

In Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschied der BGH, dass Schadensersatz nicht mehr auf Basis fiktiver Mangelbeseitigungskosten verlangt werden kann. Nur wenn der Besteller den Mangel auch tatsächlich beseitigen lässt, entsteht ihm auch ein Schaden. Eine Schadensbemessung nach fiktiven Mangelbeseitigungskosten führt häufig zu einer Überkompensation.

 

Fazit :

Das Urteil kann getrost als eine Sensation bezeichnet werden, da sämtliche auf fiktiven Mangelbeseitigungskosten basierende Klagen, soweit sie Werkverträge betreffen, die nach dem 1.01.2002 abgeschlossen wurden, nunmehr unbegründet sind. Diese Klagen müssen zwingend umgestellt werden. Allerdings zeigt der BGH 3 Möglichkeiten auf, wie der Schaden für den Fall, dass der Mangel nicht beseitigt wird, ermittelt werden kann: Der Besteller kann den Schaden im Wege einer Vermögensbilanz die Differenz zwischen dem hypothetischen Wert des Gewerkes ohne Mangel und ihrem Wert mit Mangel ermitteln.Wenn die Sache veräußert wird, ist dann der erzielte (geringere) Kaufpreis ein Indiz. Vor Begleichung der Kosten für die Mangelbeseitigung kann der Besteller die Befreiung von den zur Mangelbeseitigung eingegangenen Verbindlichkeiten verlangen. Will er den Schaden nicht vorfinanzieren, kann er auf Zahlung eines Vorschusses klagen. Hierbei ist aber zu beachten, dass die Sanierung auch zwingend durchgeführt werden muss und eine Pflicht zur Abrechnung der Kosten besteht.

Update: BGH 21.06.2018, VII 173/16: Auftraggeber, der das Werk behält und den Schaden nicht beseitigen lässt hat keinen Schadebersatz in Höhe fiktiver Mangelbeseitigungskosten

Der BGH setzt seinen im Urteil vom 22.02.2018, VII ZR 46/17 aufgestellten Grundsatz im Werkvertragsrecht fort, dass eine Schadensbemessung aufgrund fiktiver Mangelbeseitigungskosten nicht mehr möglich ist.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt begehrte der Auftraggeber nach einer Kündigung des Werkvertrages durch den Besteller die Zahlung restlichen Werklohnes von 257 T €. Der Auftraggeber erklärte gegenüber dieser Forderung erfolgreich die Hilfsaufrechnung mit einem Schadenersatz in Höhe von 104 T € wegen Mängeln am Glasdach.

Der BGH hat die Entscheidung aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das OLG zurückgewiesen und bestätigt, dass ein Auftraggeber, der den Mangel nicht beseitigen lässt, seinen Schaden nicht nach den fiktiven Kosten für die Mangelbeseitigung bemessen kann. Ob dieser Grundsatz auch bei anderen Vertragstypen (so etwa beim Kaufvertrag) oder generell bei der Schadensberechnung  Anwendung finden wird, bleibt abzuwarten.

 

 

 

Arbeitsrecht aktuell: Aufhebungsvertrag – Begünstigung Betriebsratsmitglied

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Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit einem Betriebsratsmitglied, dessen Arbeitsvertrag außerordentlich gekündigt werden soll, ist aufgrund einer ungewöhlich hohen Abfindung keine nach § 78 S. 2 BetrVG unzulässige Begünstigung des Betriebsratsmitgliedes und daher wirksam.

 

Der Sachverhalt:

Der Kläger war bei der Beklagten seit 1983 zu einem aktuellen Bruttomonatsgehalt von 5000 € beschäftigt. Seit 1990 war er Mitglied des Betriebsrats, seit 2006 freigestellter Betriebsratsvorsitzender. Wegen angeblicher sexueller Belästigung einer Mitarbeiterin beabsichtigte der Arbeitgeber den Kläger fristlos zu kündigen. Da der Betriebsrat seine Zustimmung verweigerte, leitete der Arbeitgeber ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht auf Ersetzung der Zustimmung zur Kündigung ein. Im Juli 2013 schlossen die Parteien einen außergerichtlichen Vergleich. In diesem Vergleich wurden eine bezahlte Freistellung bis zum 31.12.2015, die Zahlung einer Nettoabfindung von 120000 € sowie eine zusätzliche Zahlung von 2500 € brutto für jeden vollen Monat des vorzeitigen Ausscheidens vereinbart. Weiterhin wurde ihm angeblich die Beschaffung eines Wohnmobils im Wert von 50000 € zugesagt. Die Zahlung der Abfindung erfolgte. Etwa 1 Jahr später erhob der Kläger Klage auf Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses über den 31.12.2015 hinaus. Er hielt den Aufhebungsvertrag für nichtig, weil er hierdurch nach § 78 S. 2 BetrVG als Betriebsratsmitglied unzulässig begünstigt worden sei. Der Kläger verlor in allen Instanzen.

 

Das Urteil:

Nach § 78 S.2 BetrVG darf ein Betriebsratsmitglied wegen seiner Betriebsratstätigkeit weder bevorteilt, noch benachteiligt werden. Gemäß Urteil des BAG vom 21.03.2018, Az.: 7 AZR 590/16 ist der Aufhebungsvertrag wirksam, da der Kläger trotz hoher Abfindung nicht unzulässig begünstigt wurde. Die Verhandlungsposition eines Betriebsratsmitgliedes ist zwar günstiger. Dies beruht allerdings auf dem in §§ 15 KSchG, 103 BetrVG geregelten besonderen Kündigungsschutz.

 

Fazit:

Nach § 15 KSchG ist eine ordentliche Kündigung von Betriebsratsmitgliedern nur in Ausnahmefällen möglich. Zulässig ist meist nur eine fristlose Kündigung, für die der Arbeitgeber nach §102 BetrVG die vorherige Zustimmung des Betriebsrates einholen muss. Wird die Zustimmung verweigert, muss vor Gericht die Ersetzung der Zustimmung beantragt werden; erst wenn diese vorliegt, kann die fristlose Kündigung ausgesprochen werden, gegen die das BR-Mitglied Kündigungsschutzklage erheben kann. Zu Vermeidung dieser erheblichen gesetzlich bedingten Risiken wurde die Abfindung gezahlt. Ein besonderer gesetzlicher Kündigungsschutz führt aber nicht zu einer unzulässigen Bervorteilung.

Arbeitsrecht aktuell: Aufhebungsvertrag

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Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Ein Aufhebungsvertrag ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dass deren Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Termin beendet werden wird. Er bedarf zu seiner Wirksamkeit nach § 623 BGB der Schriftform.

 

Welche Vorteile hat ein Aufhebungsvertrag?

Für den Arbeitgeber hat ein Aufhebungsvertrag den Vorteil, dass damit das Arbeitsverhältnis ohne eine Kündigung und einen langwierigen Kündigungsschutzprozess rechtssicher auch ohne Einhaltung einschlägiger Kündigungsfristen beendet werden kann und der ansonsten bestehende allgemeine oder besondere Kündigungsschutz nicht greift. Der Betriebsrat muss nicht wie bei einer Kündigung beteiligt werden. Für den Arbeitnehmer besteht der Vorteil, dass er zeitnah neues Arbeitsverhältnis aufnehmen kann und nicht erst eine lange Kündigungsfrist abwarten muss.

 

Welche Nachteile hat ein Aufhebungsvertrag?

Ein Aufhebungsvertrag birgt allerdings für den Arbeitnehmer erhebliche Risiken. In der Regel verhängt die Bundesanstalt für Arbeit nach § 159 I Nr. 1 SGB III eine Sperrzeit von 12 Wochen, da der Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis gelöst hat. Dies bedeutet, dass er in dieser Zeit kein Arbeitslosengeld erhält und somit eine gezahlte Abfindung praktisch wertlos ist.

 

Wie kann der Arbeitnehmer eine Sperrfrist vermeiden?

Das Arbeitsamt verhängt keine Sperrfrist, wenn der Arbeitgeber eine ordentliche betriebs- oder personenbedingte Kündigung mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt hat und der Aufhebungsvertrag anstelle einer Kündigung geschlossen wird. Für die Beurteilung sind die Geschäftsanweisungen der (GA) der Bundesagentur zu § 159 III maßgeblich. Wichtig ist auch, dass der Aufhebungsvertrag unter Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist geschlossen wird.

 

Was sollte ein Aufhebungsvertrag enthalten?

  1. Festlegung des Beendigungszeitpunkts
  2. Formulierung, dass das Arbeitverhältnis auf Veranlassung Arbeitgeber endet
  3. Aufstellung der zu erbringenden Gehaltszahlungen(Provision, Weihnachtsgeld etc.)
  4. Vereinbarung über (bezahlte)Freistellung und Urlaubsabgeltung
  5. Vereinbarung über die Zeugniserteilung und Zeugnisnote
  6. Zahlung einer Abfindung (auf deren Zahlung besteht aber kein Anspruch)
  7. Erledigungusklausel mit dem Inhalt, dass alle wechselseitigen Ansprüche erledigt sind

 

Übernimmt die Rechtsschutzversicherung die Anwaltskosten?

Die Rechtsschutzversicherung übernimmt in der Regel die Anwaltsgebühren, wenn der Arbeitsgeber bereits mit der Kündigung gedroht, aber den Abschluss eines Aufhebungsvertrags in Aussicht gestellt hat.

 

Fazit:

Für den Arbeitgeber ist der Abschluss eines Aufhebungsvertrages eine bequeme und nahezu risikolose Möglichkeit, ein langandauerndes Arbeitsverhältnis zu beenden. Für den Arbeitnehmer bestehen hingegen erhebliche Risiken, die sich nach der Unterschrift kaum mehr beseitigen lassen.