Wie bereits berichtet, habe ich in meiner Beratungspraxis festgestellt, dass Arbeitgeber anlässlich der Corona-Pandemie fristlose betriebsbedingte Kündigungen aussprechen. Dies ist sicherlich betriebswirtschaftlich nachvollziehbar. In der Praxis haben jedoch darauf gestützte Kündigungen kaum Aussicht auf Erfolg. Darauf wies auch das Arbeitsgericht Dessau- Roßlau in einer Güteverhandlung hin, in der Rechtsanwalt Oliver John eine Arbeitnehmerin vertrat.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine fristlose betriebsbedingte Kündigung nur dann begründet, wenn keine Möglichkeit besteht, dass Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzusetzen. Der Arbeitgeber muss die Unmöglichkeit der Beschäftigung beweisen. Er ist verpflichtet, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden. Besteht irgendeine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzuführen, muss er den Arbeitnehmer entsprechend einsetzen. Erst wenn sämtliche denkbaren Alternativen ausscheiden, kann ein Grund für eine fristlose betriebsbedingte Kündigung vorliegen( BAG, 18.06.2015, 2 AZR, 480/14).
Zu den denkbaren Alternativen wird man die die nun mehr wegen der Corona-Pandemie vereinfachte Möglichkeit der Beantragung des Kurzarbeitergeldes zählen müssen. Das beliebte Argument, der Betrieb habe schon vor Corona erhebliche wirtschaftliche Probleme gehabt, greift nicht. Ganz im Gegenteil: Das Gericht wies darauf hin, dass die Corona-Pandemie mit ihren wirtschaftlich fatalen Folgen in einer solchen Konstellation nicht für eine fristlose betriebsbedingte Kündigung herhalten könne, da der Arbeitgeber in diesem Fall schon vor der Pandemie Maßnahmen hätte ergreifen müssen.
Arbeitgebern ist daher von einer vorschnellen fristlosen betriebsbedingten Kündigung abzuraten. Arbeitnehmer sind gehalten, gegen eine solche Kündigung Kündigungsschutzklage zu erheben, da die Kündigung wirksam wird, wenn sie nicht binnen 3 Wochen ab Zustellung angegriffen wird.
UPDATE:
Durch Urteil vom 22.07.2020, Az.: 10 Ca 74/20 hat das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau eine fristlose betriebsbedingte Corona-Kündigung für unwirksam erklärt und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis bis zum ordentlichen Kündigungstermin unverändert fortbesteht.
Rechtsanwalt Oliver John hat in diesem Fall die Klägerin vertreten.
Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor.
Das Arbeitsgericht Dessau, Az. 10 CA 74 / 20 hat mit Urteil vom 22.7.2020 der Kündigungsschutzklage stattgegeben und die fristlose betriebsbedingte Kündigung für unwirksam erklärt. Es hat die Auffassung vertreten, dass die Gefahr einer Insolvenz den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung nicht rechtfertigt. Das beklagte Unternehmen hatte die Entscheidung zur Betriebsumstrukturierung und damit verbundener Personalreduzierung bereits vor Beginn der Corona-Pandemie getroffen. Weiterhin hat die Arbeitgeberin nicht alle anderen in Betracht kommenden Möglichkeiten ausgeschöpft, um eine Insolvenz zu verhindern. Die Beklagte hatte insbesondere nicht vorgetragen, inwiefern sie erfolglos alle anderen Möglichkeiten zur Einsparung von Kosten und zur Erlangung von Hilfsgeldern geprüft hat.
Die Rechtsanwaltskanzlei Oliver John berät sie bei dieser Problematik gern.