Vertragsrecht aktuell: Filesharing: Haftung des Anschlussinhabers bei Internetnutzung durch Familienmitglied

Geschrieben von Oliver John am . Veröffentlicht in Allgemein

Der Europäische Gerichtshof  hat am 18.10.2018, C-149/17 entschieden, dass sich der Inhaber eines Internetzugangs, über den eine Urheberrechtsverletzung begangen wurde, nicht mehr wie bisher pauschal damit verteidigen kann, indem er den Namen eines Familienmitglieds benennt, der ebenso Zugang zum Anschluss hatte, nähere Angaben zum Nutzungsverhalten aber unterlässt.

Der Sachverhalt:

Die Klägerin betreibt einen Verlag. Über den Internetanschluss des Beklagten wurde eines ihrer Hörbücher den Nutzern einer Tauschbörse („peer-to-peer“) zum Download angeboten. Die Klägerin begehrt Schadenersatz. Der Beklagte bestreitet den Vorwurf und trägt vor, dass seine im Haus lebenden Eltern Zugriff auf den Anschluss haben. Nähere Angaben zu deren Nutzungsverhalten macht er nicht. Durch Beschluss vom 13.07.2017 hat das Landgericht München, Az.: 21 S 24454/14 den Rechtsstreit dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Das Landgericht sieht sich durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in dem Fall „Afterlive“ an einer Verurteilung des Anschlussinhabers gehindert und will vom EuGH wissen, wie die Vorschriften des Unionsrechtes zum Schutz des geistigen Eigentums auszulegen sind. Der BGH hat in dem „ Afterlive“ – Fall entschieden, dass der Anschlussinhaber wegen des Schutzes von Ehe und Familie nicht verpflichtet werden kann, den Computer seiner Familienmitglieder auf vorhandene Tauschbörsensoftware zu durchzusuchen.

 

Die Entscheidung:

Der EuGH hat entschieden, dass zwischen dem Schutz des geistigen Eigentums und dem Recht auf Achtung des Privat – und Familienlebens ein angemessenes Gleichgewicht bestehen muss. Daran fehlt es, wenn den Familienmitgliedern eines Inhabers eines Internetanschlusses ein quasi unumstößlicher Schutz gewährt wird, in dem ein pauschaler Hinweis auf deren mögliche Nutzung des Internetanschlusses zur wirksamen Rechtsverteidigung ausreichend ist.

 

Fazit:

Der EuGH hat lediglich über die Auslegung des europäischen Rechts geurteilt. Eine Entscheidung hat das Landgericht München zu treffen. Nach Ansicht des EuGH wird das Landgericht jetzt prüfen müssen, ob und ggfs. welche prozessuale Möglichkeiten es gibt, Auskünfte über die Nutzung eines Internetanschlusses durch Familienangehörige zu erhalten. Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen. Auf jeden Fall wird die Berufung des in Anspruch genommen Anschlussinhabers auf die Möglichkeit der Nutzung eines Familienmitglieds ohne konkrete Details zu nennen, nicht mehr ausreichend sein. Die anwaltliche Verteidigungsstrategie wird daher grundlegend geändert werden müssen, da eine Verurteilung auf Basis des bisherigen Sachverhaltes möglich ist. Der Rechtsdurchsetzung für den Rechteinhaber wird durch das Urteil erleichtert. Die Rechtsanwaltskanzlei Oliver John berät Sie in dieser Problematik gerne.