Vertragsrecht aktuell: VW Abgasskandal: BGH sieht Abschalteinrichtung als Mangel an
Der BGH hat in einem Hinweisbeschluss die vorläufige Rechtsauffassung vertreten, dass ein Fahrzeug, welches bei Übergabe mit einer unzulässigen Abschaltvorrichtung versehen ist, die den Stickoxidausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert, mangelhaft sein dürfte.
Der Sachverhalt:
Der Kläger erwarb von der beklagten KFZ-Händlerin im Frühjahr 2015 einen Neuwagen VW Tiguan 2.0. TDI für 31500 €. Das Fahrzeug ist mit einer Software ausgerüstet, die den Stickstoffausstoß auf dem Prüfstand gegenüber der normalen Fahrt reduziert. Deswegen verlangte der Kläger ohne Erfolg die Nachlieferung eines mangelfreien Fahrzeuges und hilfsweise die Nachbesserung des Fahrzeuges. Landgericht und Oberlandesgericht wiesen die Klage bis auf die geltend gemachte Nachbesserung ab. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Ziel in Form der Neulieferung des Fahrzeuges weiter. Nach einem Hinweisbeschluss des BGH hat der Kläger die Revision zurückgenommen, da er sich mit der Beklagten geeinigt hat.
Der Hinweis:
Der BGH hat in einem Hinweisbeschluss folgendes erklärt: Ein Fahrzeug, dass mit einer unzulässigen Software ausgestattet ist, die erkennt, ob es sich in einem Prüfzyklus zur Ermittlung der Emissionswerte befindet und dabei den Ausstoß an Stickstoffoxiden verringert, ist mangelhaft. Es besteht nämlich die Gefahr der Betriebsuntersagung für die Zulassung im öffentlichen Verkehr. Das Gericht hält weiterhin die Verpflichtung zur Ersatzlieferung für möglich. Zwar weicht das in diesem Falle zu liefernde Nachfolgemodell in Größe, Motorisierung vom PKW des Klägers ab. Dies steht einem Anspruch auf Ersatzlieferung nicht zwingend entgegen. Maßgeblich ist die vom Verkäufer vertraglich übernommene Beschaffungspflicht.
Fazit:
Die Vorgehensweise des BGH ist äußerst ungewöhnlich, da eigens per Presseerklärung ein Hinweisbeschluss erörtert wird. In einem solchen Beschluss äußert ein Gericht „nur“ eine vorläufige, nicht unbedingt endgültige Rechtsauffassung. Allerdings hat dies VW bewogen, sich mit dem Kläger zu einigen. Zumindest für Fahrzeuge, die mit der unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet sind, dürfte die Rechtslage zu Gunsten der Käufer geklärt sein, obwohl VW das umgehend abgestritten hat. Käufer können sogar unter Umständen auf die Lieferung eines Neufahrzeuges hoffen. Ein solcher Anspruch bestand bislang nicht, wenn das Neufahrzeug nur noch als optisch und technisch verändertes verändert Nachfolgemodell lieferbar war. Offen hingegen ist noch die Rechtslage bei Fahrzeugen, die ein Softwareupdate erhalten haben. Die Rechtsanwaltskanzlei Oliver John berät und vertritt sie in dieser Problematik gern.